Mein Beispiel zur neuen Bildästhetik hat sich erst in den letzten paar Jahren bis zur Perfektion hin entwickelt – das Fotografieren (und Posten) von Essen. Während vor ein Paar Jahren der Internettrend aufflammte, ging es vor allem darum sein Essen kurz vor dem Verzehr zu fotografieren. Heute gibt es 1000 von Accounts die nichts anderes posten als perfekt inszenierte Gerichte, die fast zu schön sind um gegessen zu werden. Die Komposition von Farben, die symmetrische Anordnung der zahlreichen Zutaten und die aufwendige Dekoration muten fast kleinen Kunstwerken an. Zeigen wollen Blogger (und die die es gern wären) ihren besonderen Lifestyle, ob gesund, exklusiv oder besonders urban und hip.
Gehen wir allerdings weiter in die Zeit zurück, in der es noch keine soziale Netzwerke wie Instagram und co. gab und auch die digitale Fotografie noch nicht kommerziell war, wäre dieser Trend ausgeschlossen gewesen. Der wertvolle Film, bei dem jedes Motiv sorgfältig gewählt wurde, wurde bestimmt nicht dazu aufgebraucht sein Mittagessen zu fotografieren. Und wenn, dann als Nebenakteur auf einem Schnappschuss.
Noch weiter zurück in der Geschichte, lassen sich allerdings Bilder finden, die denen des heutigen Foodporn-Trends gleichen. In der Renaissance zum Beispiel galten Bilder (Gemälde, die Fotos der damaligen Zeit) von einer reich gedeckten und farbenfrohen Tafel als Statussymbol und dienten, wie heute, der Selbstinszenierung. Hier passt der Spruch „Du bist was du isst.“ wohl wie die Faust aufs Auge.
Digidentity 26. Mai 2018
Eine sehr interessante Verbindung!
Mir wurde zum Thema „Foodporn“ folgende These erzählt, die ich sehr spannend finde: Das Fotografieren der Mahlzeit entspricht einem Tischgebet.
Denn man muss das Essen vorher ordentlich zubereiten und hübsch anrichten (also keine Chips-Tüte vorm Fernseher), also bewusst diese Handlung ausführen.
Und dann teilt man den Akt mit anderen – nur halt virtuell, statt sich z.B. die Hände zu geben.
Was denken Sie dazu?
Alina Im 28. Mai 2018
Spannende These! 🙂 Also im Aspekt der Achtsamkeit stimme ich zu und auch im Aspekt der Gemeinschaft, der sich schon auch ausdehnen und auf etwas Virtuelles beziehen lässt – also man spricht ja auch von Netzgemeinschaft. Klar ist das nicht so persönlich, aber vielleicht denkt einer an einen, wenn er das Foto sieht, oder kommentiert etwas oder schreibt einem mal, wies einem geht – das ist dann ja auch Gemeinschaft.
Trotzdem: Ein Tischgebet ersetzt es für mich nicht; denn wer am Tisch betet, möchte Gott danken. Das Wichtigste ist dabei das Reden in der Beziehung zu Gott, und dabei sind alle anderen Nebenaspekte wie Achtsamkeit usw. unwichtig. Ziel von Foodporn ist dagegen, Aufmerksamkeit auf sich selbst zu ziehen, also würde ich sagen, dass Foodporn einem Tischgebet nicht entspricht.
Dann fand ich noch ganz interessant bei dem Gedanken (einfach mal als wilden Gedanken in den Raum ;)):
Man empfindet schon Dankbarkeit, dass man so ein tolles Essen hat, denke ich – denn einen schnellen Fastfood-Burger würde man ja nicht unbedingt posten. Und dankbar ist man doch eigentlich immer zu jemandem. Bestimmt nicht bewusst und bestimmt ist auch jeder etwas anderem dankbar (Schicksal, Mutter Natur,…) aber an irgendwas geht das unterbewusst schon… 😉